Genossenschaft
23.07.2025

Der BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. teilte seinen Mitgliedern zur Enteignungsdiskussion in Berlin mit:

Aktuelle Information zur Berliner Enteignungsdebatte

Nachdem die Debatte um die Enteignung großer Wohnungsunternehmen in Berlin zuletzt nicht mehr im medialen und politischen Fokus stand, gerät das Thema ganz aktuell wieder stärker in das Blickfeld. Auch aufgrund der Berichterstattung der letzten Tage (z.B. im Tagesspiegel oder der B.Z.) möchte ich Sie daher kurz dazu informieren:

Letzte Aktivitäten:

  • Im Juni 2023 hatte die vom Berliner Senat eingesetzte Expert*innenkommission ihren Abschlussbericht vorgelegt, in dem sie – mit uneinheitlichem Votum und der Dokumentation fundierter Bedenken – mehrheitlich eine Möglichkeit zur rechtssicheren Umsetzbarkeit einer sogenannten „Vergesellschaftung“ aufzeigte. Zuvor wurden in mehreren Sitzungen zahlreiche Experten befragt, darunter am 9. Dezember 2022 auch der BBU. Der Berliner Senat hatte angekündigt, die im Abschlussbericht aufgezeigte vermeintliche Umsetzbarkeit nochmals rechtsgutachterlich untersuchen lassen zu wollen. Nach längerer Ressortabstimmung ist dieser Auftrag im Juni 2025 ergangen, ein Ergebnis wird zum Ende des Jahres 2025 erwartet.
  • Zwischenzeitlich hatte die Initiative angekündigt, selbst ein Gesetz zu erarbeiten und im Wege eines Gesetzesvolksentscheids abstimmen lassen zu wollen. Bei dieser Ankündigung vom September 2023 ist es bislang geblieben.
  • Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hat mehrfach erklärt, dass es mit ihm keine Enteignung geben werde. Die von ihm angeführte Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag vom April 2023 jedoch auf Bestreben der beteiligten SPD darauf geeinigt, auf Basis des erwähnten Abschlussberichts der Expert*innenkommission ein „Vergesellschaftungsrahmengesetz“ zu erarbeiten, „das einen Rechtsrahmen und objektive qualitative Indikatoren bzw. Kriterien für eine Vergesellschaftung nach Art. 15 GG in den Geschäftsfeldern der Daseinsvorsorge (z. B. Wasser, Energie, Wohnen) sowie Grundsätze der jeweils erforderlichen angemessenen Entschädigung definiert.“

Aktuelle Entwicklung:

  • Im Rahmen einer Klausur am 21./22. Juni 2025 haben sich die Berliner Regierungsfraktionen von CDU und SPD gemeinsam auf Eckpunkte für die Umsetzung eines solchen Vergesellschaftungsrahmengesetzes geeinigt. Es wurde vereinbart, einen Gesetzentwurf bis Ende des Jahres 2025 ins Berliner Abgeordnetenhaus einzubringen. In Kraft treten soll das Gesetz jedoch erst frühestens zwei Jahre nach seiner Verkündung – zuvor soll eine Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht erfolgen.
  • Am 19. Juli 2025 hat nun die SPD-Fraktion einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, der zuvor nicht mit dem Koalitionspartner abgestimmt war. Der Gesetzentwurf, den wir Ihnen anbei zur Verfügung stellen, zielt auf eine „strukturelle Veränderung der Eigentumsordnung zugunsten einer gemeinwirtschaftlichen Nutzung“. So wird – neben den bislang bekannten Ansatzpunkten und Kriterien für eine „Vergesellschaftung“ – unterhalb dieser Schwelle auch die „Überführung in andere Formen der Gemeinwirtschaft“ (§ 5) vorgeschlagen. Wörtlich heißt es dort: Andere Formen der Gemeinwirtschaft „können den Verbleib des privaten Eigentums der bisherigen Inhaber wirtschaftlicher Vermögenswerte oder wirtschaftlicher Unternehmen ermöglichen, wenn dieses durch gesetzliche Mitbeteiligungs- und Einflussrechte gesellschaftlicher Kollektivorgane unterworfen wird und dadurch die Dispositions- und Verfügungsbefugnis des privaten Eigentümers beschränkt wird.“ Hierunter fallen im Folgenden Vorgaben bspw. zur Bewirtschaftung, zur Gewinnverwendung oder zur Preisbildung wesentlicher Leistungen/Produkte – und damit auch jenseits einer Enteignung weitreichende Eingriffe in die zentralen wirtschaftlichen Entscheidungen des Unternehmens.

Die Reaktionen aus den Reihen des Koalitionspartners CDU auf den Entwurf waren bislang klar ablehnend und wurden teils scharf zurückgewiesen. Gleichwohl ist mit der Veröffentlichung des Gesetzentwurfs durch die SPD-Fraktion der Vorwahlkampf zur Berliner Abgeordnetenhauswahl 2026 eröffnet, in dem das Thema Enteignung eine große Rolle spielen wird – und damit den Bereich Mieten und Wohnen insgesamt (erneut) in den Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung stellt.

Der BBU hat den Prozess seit Beginn im Jahr 2019 eng begleitet und ist unverändert der Auffassung, dass…

… eine Enteignung und der damit einhergehende tiefe Eingriff in das Grundrecht der Eigentumsfreiheit dem grundlegenden Verfassungsprinzip der Rechtsstaatlichkeit widerspricht;
… eine Enteignung nichts am Problem des Berliner Wohnungsmarkt ändert: Es gibt schlicht zu wenig Wohnungen. Durch die Enteignung würde nicht eine Wohnung zusätzlich entstehen;
… eine Enteignung unbezahlbar wäre: Bereits im Jahr 2019 bezifferte die Kostenschätzung des Senats die mögliche Entschädigungshöhe auf bis zu 36 Mrd. Euro – mit jährlichen Folgekosten von rd. 340 Mio. Euro;
… mit einer Enteignung enorme rechtliche Unsicherheiten verbunden wären und
… eine Enteignung ein verheerendes Zeichen der Investitionsfeindlichkeit wäre, zu Lasten von Arbeitsplätzen und öffentlichen Einnahmen.

Wir befinden uns daher bereits in der Abstimmung mit verschiedenen Partnern und werden die absehbar intensive Diskussion gewohnt eng begleiten. Dazu werden wir Sie weiterhin über wesentliche Entwicklungen informieren.

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